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Testament versiegelt
29. Juni 2021

Das gefundene Testament – muss ich ein Testament abliefern?

von Pawlik Rechtsanwälte / Testament / Schadensersatz

 

Wenn ein geliebter Mensch stirbt, sind die nächsten Angehörigen in der Regel zunächst mit der Organisation der Beerdigung, der Verarbeitung des Verlusts, dem Überwinden ihrer Trauer und ähnlichen tiefgreifenden Fragen beschäftigt, als sich mit der Erbfolge auseinanderzusetzen und damit, was mit einem möglichen Testament des Verstorbenen geschehen soll. Oftmals war das „Danach“ zwischen den nächsten Angehörigen auch so klar besprochen, dass dem schriftlichen Testament des Verstorbenen gar keine Bedeutung mehr beigemessen wird. Manchmal mögen Angehörige auch andere Motive haben, ein vorhandenes Testament nicht zu offenbaren.

 

Nichtsdestotrotz besteht eine gesetzliche Verpflichtung, ein vorhandenes Testament an das Nachlassgericht abzuliefern. Dies gilt für jedes Testament, in dessen Besitz man kommt – sogar für Testamente von Personen, mit denen man nicht verwandt oder verschwägert ist oder sonst eine persönliche Beziehung hatte (§ 2259 Abs. 1 BGB).

 

Was muss ich tun, wenn ich ein Testament gefunden habe?

 

Jedes Schriftstück, das sich nach Form oder Inhalt als letztwillige Verfügung eines Erblassers darstellen könnte – gleichgültig ob es offen oder verschlossen ist – muss beim Nachlassgericht abgegeben werden (§ 2259 Abs. 1 BGB). Zuständiges Nachlassgericht ist in der Regel das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (§ 343 Abs. 1 FamFG).

 

Diese gesetzliche Verpflichtung zur Ablieferung eines Testaments gilt unverzüglich, d. h. sobald man in den Besitz eines solchen Schriftstückes kommt und vom Tod des Erblassers erfährt, muss man ein solches Schriftstück beim Nachlassgericht abgeben.

 

Beachtet man diese gesetzliche Verpflichtung nicht, drohen ernsthafte Konsequenzen.

 

Was passiert, wenn ich ein Testament nicht abliefere?

 

1. Schadensersatz bei Nichtablieferung des Testaments

 

Wer ein Testament schuldhaft nicht abliefert, kann sich nicht nur gegenüber den tatsächlichen Erben schadensersatzpflichtig machen, sondern sogar gegenüber Personen, die nicht im Testament bedacht sind (§§ 823 Abs. 2, 2259 Abs. 1 BGB). So musste ein Ehemann, der es versäumt hatte, das Testament seiner verstorbenen Frau beim Nachlassgericht abzugeben, die Kosten zweier Personen erstatten, die vermuteten, als Erben von der Frau eingesetzt worden zu sein. Nachdem diese Personen eine Auskunftsklage erhoben hatten, stellte sich zwar heraus, dass diese Personen nicht als Erben eingesetzt waren. Der Ehemann war jedoch seiner gesetzlichen Verpflichtung zur unverzüglichen Abgabe des Testaments seiner verstorbenen Ehefrau nicht nachgekommen und hatte so die Auskunftsklage erst nötig gemacht. Er musste daher den beiden Klägern die ihnen entstandenen Kosten als Schaden ersetzen (Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil vom 12.03.2008, Aktenzeichen: 13 U 123/07).

 

2. Nichtablieferung des Testaments als Urkundenunterdrückung (Straftat)

 

Wer eine Urkunde, welche ihm nicht gehört, in der Absicht, einem anderen Nachteil zuzufügen, vernichtet, beschädigt oder unterdrückt, macht sich gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB strafbar (Urkundenunterdrückung). Wer also ein Testament nicht abliefert, weil er sich davon irgendeinen Vorteil für sich (und damit einen Nachteil für die tatsächlichen Erben) verspricht, verwirklicht zumeist den Tatbestand der Urkundenunterdrückung gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB und begeht eine Straftat.

 

Es handelt sich bei der Urkundenunterdrückung eines Testaments auch nicht um ein „Kavaliersdelikt“. Die Urkundenunterdrückung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft (§ 274 Abs. 1 Nr. 1 StGB).

 

3. Wer ein Testament nicht abliefert, kann erbunwürdig sein

 

Wer ein Testament nicht abliefert, weil er sich davon irgendeinen Vorteil für sich (und damit einen Nachteil für die anderen Erben) verspricht, hat zudem eine weitere Konsequenz zu fürchten.

 

Gehört diejenige Person auch zum Personenkreis derer, die durch den Erbfall profitiert hätten (aber möglicherweise für den eigenen Geschmack nicht genug), wird sie im Falle einer rechtskräftig festgestellten Urkundenunterdrückung am Testament als erbunwürdig angesehen und ist damit von der Erbfolge ausgeschlossen (§ 2339 Abs. 1 Nr. 4 BGB). Ihr Anteil wächst dann den anderen (übrigen) Erben an. Der Sinn, den die Person mit der Unterdrückung des Testaments bezweckt hat, hat sich damit nicht erfüllt. Obendrein muss diese Person mit den Konsequenzen der von ihr begangenen Straftat leben (Geldstrafe oder Freiheitsstrafe, siehe oben).

 

Wie gehe ich vor, wenn ich den Verdacht habe, dass ein Testament nicht abgeliefert wird?

 

Wie bereits eingangs geschrieben, sind die Angehörigen nach dem Tod des Erblassers in der Regel mit anderen Dingen beschäftigt, so dass die Nichtablieferung des Testaments oftmals nicht auf bösem Willen beruht.

 

Es macht daher Sinn, diejenigen, bei denen man das Testament vermutet, zunächst auf den Verbleib des Testaments anzusprechen und auf die gesetzliche Pflicht zur Abgabe des Testaments beim Nachlassgericht (§ 2259 Abs. 1 BGB) hinzuweisen.

 

Führt dies nicht zum Erfolg, kann das Nachlassgericht eingeschaltet werden.

 

Erlangt das Nachlassgericht Kenntnis vom Vorliegen einer letztwilligen Verfügung, hat es den Besitzer der letztwilligen Verfügung von Amts wegen zu ermitteln (1960 Abs. 1 BGB). Liefert der ermittelte Besitzer das Testament nicht ab, kann das Nachlassgericht eine so genannte Ablieferungsanordnung erlassen (§ 358 FamFG).

 

Wird nach Ablauf der in der Ablieferungsanordnung festgesetzten Frist das Testament immer noch nicht abgeliefert, kann das Nachlassgericht die Ablieferung des Testaments durch Anordnung eines Zwangsgeldes oder durch Anwendung unmittelbaren Zwangs mittels eines Gerichtsvollziehers bzw. der Polizei erzwingen. Hierbei können sowohl die Wohnung als auch andere Aufbewahrungsorte des Besitzers wie z. B. ein Banksafe, ein Schließfach etc. durchsucht werden.

 

Alternativ kann das Nachlassgericht den mutmaßlichen Besitzer des Testaments auch zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung anhalten. Der mutmaßliche Besitzer muss dann versichern, dass er das Testament nicht besitzt und nicht weiß, wo es sich befindet. Die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung stellt wiederum eine Straftat dar, die mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bedroht ist (§ 156 StGB).

 

Soweit die Nichtablieferung des Testaments nicht aus unlauteren Motiven erfolgt, sollte der Besitzer des Testaments also spätestens auf die Ablieferungsanordnung des Nachlassgerichts schnellstmöglich reagieren, um empfindliche Rechtsnachteile für sich zu vermeiden.

 

 

Für weitergehende Fragen zu diesem Thema können Sie sich gerne an uns wenden. Wir bieten Ihnen in unserer Kanzlei Pawlik Rechtsanwälte im Münchner Süden gerne eine Erstberatung hierzu an. Machen Sie doch einfach telefonisch einen Termin mit uns aus.

 

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