Kommt es aus Sicht des Arbeitgebers im Arbeitsverhältnis zu einem Fehlverhalten des Arbeitnehmers, folgt regelmäßig eine Abmahnung. Eine Abmahnung ist sozusagen der Schuss vor den Bug, der den Arbeitnehmer zu einer Änderung seines Verhaltens (z. B. Unpünktlichkeit oder unhöflicher Umgang mit Kunden, Verstoß gegen eine Kleiderordnung etc.) veranlassen soll.
Folgt der Arbeitnehmer dieser nicht und kommt es zu weiteren gleichartigen Verstößen, kann der Arbeitgeber darauf eine verhaltensbedingte Kündigung stützen. Da die Kündigung des Arbeitsverhältnisses stets das letzte Mittel (sogenannte „Ultima Ratio“) ist, muss bei Fehlverhalten, das willentlich vom Arbeitnehmer gesteuert werden kann, in aller Regel eine Abmahnung vorausgehen. Voraussetzung ist allerdings, dass es überhaupt einen verhaltensbedingten Grund für den Arbeitgeber braucht, um das Arbeitsverhältnis kündigen zu können. Das ist nur im kündigungsgeschützten Betrieb der Fall. Erforderlich dafür ist, dass der Arbeitnehmer länger als sechs Monate dabei ist und der Betrieb mehr als zehn Mitarbeiter gemäß § 23 KSchG hat. Eine Abmahnung ist bei Anwendung des allgemeinen Kündigungsschutzes nur dann entbehrlich, wenn das Fehlverhalten des Arbeitnehmers so gravierend ist, dass ihm klar sein muss, dass er mit seinem Verhalten den Rauswurf riskiert. Das ist nur in krassen Ausnahmefällen, z. B. bei Diebstahl oder Tätlichkeiten des Arbeitnehmers der Fall.
Eine Abmahnung ist grundsätzlich formfrei möglich. Aus Beweisgründen bietet sich aus Sicht des Arbeitgebers natürlich an, diese schriftlich oder zumindest in Textform (z. B. E-Mail) abzufassen. Inhaltlich muss eine Abmahnung drei Funktionen erfüllen, nämlich eine Dokumentations-, eine Hinweis- und eine Warnfunktion: Es muss also möglichst konkret dargestellt werden, was genau dem Arbeitnehmer als Fehlverhalten zur Last gelegt wird, warum das einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten darstellt und dass der Arbeitnehmer im Wiederholungsfall mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen (bis hin zur Kündigung) rechnen muss. Sinnvollerweise wird die Abmahnung zur Personalakte genommen.
Eine Mitbestimmung des Betriebsrats bei Ausspruch von Abmahnungen sieht das Gesetz nicht vor, allerdings beim Ausspruch von Kündigungen, die später auf einen wiederholten und bereits abgemahnten Verhaltensverstoß gestützt werden sollen.
Eine generelle Verfallsfrist oder Verjährungsfrist für Abmahnungen gibt es nicht. Es kommt immer auf den Einzelfall an (insbesondere Schwere und Häufigkeit des Verstoßes) und ob eine Abmahnung noch ihre Warn-Funktion entfaltet oder nicht. So kann beispielsweise eine Abmahnung wegen einigen Minuten Zuspätkommens schon nach wenigen Monaten keine Wirkung mehr entfalten, während eine Abmahnung für die Beleidigung des Chefs oder eines Kollegen, die der Arbeitgeber nicht mit der Kündigung geahndet hat, auch nach ein bis zwei Jahren noch ihre Wirkung entfalten kann.
Als Arbeitnehmer kann man in verschiedener Weise auf die Abmahnung reagieren. Zum einen kann man natürlich eine Gegendarstellung formulieren und hat Anspruch darauf, dass diese ebenfalls zur Personalakte genommen wird. Zum anderen kann man sich vor dem Arbeitsgericht gegen die Abmahnung wehren und verlangen, dass diese aus der Personalakte entfernt wird. Ob das sinnvoll ist, will aus taktischen Gründen allerdings gut überlegt sein. Denn die Abmahnung dient letztlich dem Arbeitgeber zur Vorbereitung einer verhaltensbedingten Kündigung. Greift ein Arbeitnehmer die Abmahnung also nicht an, sondern erst eine vielleicht längere Zeit später nachfolgende verhaltensbedingte Kündigung, muss der Arbeitgeber im anschließenden Kündigungsschutzprozess darlegen und beweisen können, dass die damalige Abmahnung rechtmäßig war. Liegt einige Zeit dazwischen, sind möglicherweise schon Mitarbeiter ausgeschieden, die die Vorwürfe des Arbeitgebers bestätigen sollten. Möglicherweise ist auch die Erinnerung an das damals Geschehene nicht mehr gut genug, um das Gericht zu überzeugen.
Als Arbeitgeber ist man daher gut beraten, Abmahnungen im Hinblick auf die Dokumentations-, Hinweis- und Warnfunktion sehr sorgfältig zu formulieren und vorgefallene Verhaltensverstöße gründlich zu dokumentieren, um in einem etwaigen späteren Kündigungsschutzprozess nicht mit schlechten Karten dazustehen. Als Arbeitnehmer sollte man sich überlegen, ob ein isoliertes Vorgehen gegen eine Abmahnung sinnvoll ist oder sich aus taktischen Gründen möglicherweise eher ein Abwarten anbietet.
Benötigen Sie eine rechtliche Beratung zu Ihrer konkreten Situation? Fachanwalt für Arbeitsrecht Matthias Pawlik steht Ihnen gerne für ein Beratungsgespräch in unseren Räumen in München oder Unterhaching zur Verfügung.