Ein Problem, das man in der Gastronomie bestens kennt: das Bundesarbeitsgericht hat in dem Fall eines Kellners entschieden, der seine Verkäufe stets an der von ihm (allein) bedienten Kasse bonieren musste. Trinkgelder durften dabei nicht in der Kasse verwahrt werden, sodass in der Kasse sich stets nur der Umsatz und das Wechselgeld befinden durfte. Das Bonieren war nur bei geschlossener Kasse möglich. Da es aufgefallen war, dass die Kasse des betreffenden Kellners immer längere Zeit offen gestanden hat, führte der Arbeitgeber eine Prüfung durch und kam zu dem Ergebnis, dass sich in der Kasse mehr Geld befand als dort hätte sein dürfen. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber fristlos.
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Manipulation eines Kassenvorgangs (und im Rahmen einer Verdachtskündigung auch der dringende Verdacht) an sich als wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche fristlose Kündigung geeignet ist. Das gilt unabhängig von der Höhe des entstandenen Schadens.
Der erhöhte Geldbestand in der Kasse war ein ausreichender Anhaltspunkt dafür, dass der Arbeitnehmer Waren bewusst ohne Bonierung verkauft.
Bereits die fehlende Erfassung im Kassensystem gefährdet das Vermögen des Arbeitgebers und erschüttert das Vertrauen in die Redlichkeit des Mitarbeiters, entschied das höchste deutsche Arbeitsgericht.
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Das BAG musste in dieser Entscheidung auch zu folgender Frage Stellung nehmen: ganz klar trifft den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Feststellung des kündigungsrelevanten Sachverhalts, sprich für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes. Hier stößt der Arbeitgeber natürlich an seine Grenzen, wenn er den Arbeitnehmer beim Fehlverhalten nicht direkt beobachtet hat.
Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass den Arbeitnehmer eine so genannte sekundäre Darlegungslast treffen kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Sachnähe (er bedient die Kasse ja selbst) die wesentlichen Tatsachen kennt, während der Arbeitgeber selbst außerhalb des streitigen Geschehensablaufs steht. In solchen Fällen kann der Arbeitnehmer gehalten sein, dem Arbeitgeber durch nähere Angaben zu ermöglichen, selbst weitere Ermittlungen anzustellen und dann substantiiert zum Kündigungsgrund vorzutragen und Beweise anzubieten. Tut der Arbeitnehmer dies nicht, gilt der Vortrag des Arbeitgebers zum Sachverhalt als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO), wenn er nicht gerade als völlig frei aus der Luft gegriffen erscheint.
Fazit: Arbeitnehmer, denen der Arbeitgeber ein gravierendes Fehlverhalten vorwirft, ohne dabei den Arbeitnehmer „auf frischer Tat ertappt“ zu haben, sollten sich ebenso wie der Arbeitgeber darüber im Klaren sein, wie die Darlegungs- und Beweislast im Kündigungsschutzprozess verteilt ist und sich entsprechend äußern.
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